Eine Exkursion der ABA/AKA 12 im Rahmen des Faches Wirtschaftsgeografie
Szene aus dem Unterricht:
Herr Pletziger: Was unterscheidet Wuppertal eigentlich von München, London, Paris oder Wien?
Schüler x: Hier ist alles hässlich und durcheinander!
Bei ungewöhnlich gutem Wuppertaler Wetter fand am 31.05. eine Exkursion zur wirtschaftlichen Stadtentwicklung mittel- und westeuropäischer Städte am Beispiel der Innenstadt Elberfelds statt, die, so überraschend es klingt, mit gleichen Chancen und Problemen konfrontiert ist, wie beispielsweise München, Paris, London oder Wien.
Startpunkt war der Wuppertaler Hauptbahnhof als Schnittstelle zwischen ursprünglich mittelalterlichem Stadtkern und der ersten großen Stadterweiterung der Industrialisierung Ende des 19. Jahrhunderts.
Spurensuche mittelalterlicher Relikte, des enormen Reichtums der Stadt Elberfeld um 1900, Tertiärisierungsprozesse sowie aktuelle Verödungstendenzen der City waren die ersten Etappen der etwa dreistündigen Erkundung der Innenstadt.
Nächster Halt war die im Volksmund fälschlich als Altstadt bezeichnete Luisenstraße, in der die ersten Arbeiterhäuser mit ihren zahlreichen Hinterhöfen im Zuge der in Wuppertal sehr früh eingesetzten Industrialisierung noch sehr gut erhalten sind.
Besonders beeindruckt waren die Teilnehmer beim nächsten Stopp im Briller Viertel, dem deutschlandweit am besten erhaltenen gründerzeitlichen Villenviertel, mit seinen mondänen Bürgerpalästen nebst Kutscherhäusern, letztere für sich genommen bereits kleine Villen.
Über die Briller Straße ging es zum Arbeiterquartier „Ölberg“. Am Berghang noch mit Häusern der mittleren Bürgerschicht ausgestattet, wird hangaufwärts anhand der abnehmenden Geschosshöhe, dem verschwindenden Detailreichtum der Stuckarbeiten an den Fassaden sowie den minderwertiger werdenden Baumaterialien die soziale Segregation um 1900 noch deutlich erkennbar.
Auch Tendenzen der neuesten Stadtentwicklung sind unverkennbar als Gentrifizierungsprozesse zu beobachten.
Am Schusterplatz, dem Endpunkt der nachmittäglichen Exkursion, wurden neuere Tendenzen der Stadtentwicklung kritisch hinterfragt und machbare Möglichkeiten angedacht. Diese bilden im ersten Quartal des nächsten Schuljahres, mit erarbeitetem wirtschaftsgeografischen Hintergrundwissen, den Schwerpunkt einer weiteren handlungsorientierten Einheit.
Neben den visualisierten, erlebten und damit verinnerlichten und bis dato rein theoretischen Unterrichtsinhalten, war es für einige Schüler auch ein persönlicher Gewinn, in einer häufig als hässlich bezeichneten Stadt nicht nur eine Struktur zu erkennen, sondern vor allem auch anziehendende Ortsteile zu entdecken. Ebenso wie das ungewöhnlich schöne Wetter, wurden ungewöhnlich attraktive Elemente ihrer bisher teilweise unbekannten Heimatstadt wahrgenommen, welche nicht nur wirtschaftsgeografisches Potential besitzen.
(Jörg Pletziger)